Der Schlafrhythmus

Von Tag zu Nacht, von Winter zu Frühling - unser Leben wird durch Zyklen bestimmt. Auch unserer Schlaf-Wach-Verhalten unterliegt einem biologischen Rhythmus, der durch Faktoren wie das Licht, Ernährung und soziale Verpflichtungen beeinflusst wird.

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Letzte Änderung:

24.7.24

Das Wichtigste in Kürze
  • Der Schlafrhythmus wird durch den zirkadianen Rhythmus bestimmt, der von der inneren biologischen Uhr und äußeren Faktoren wie Licht, sozialen Verpflichtungen und Ernährung beeinflusst wird.
  • Melatonin und Cortisol sind wichtige Hormone, die den Schlaf-Wach-Rhythmus regulieren, wobei Melatonin die Schlafbereitschaft fördert und Cortisol für Wachheit und Energiebereitstellung sorgt.
  • Störungen des Schlafrhythmus wie Jetlag, Schichtarbeitersyndrom und Schlafphasenverlagerungen entstehen, wenn der biologische Rhythmus nicht mit dem äußeren Hell-Dunkel-Zyklus synchronisiert ist, was zu Schlaflosigkeit und Tagesmüdigkeit führen kann.

Der zirkadiane Rhythmus

Wann wir müde werden, einschlafen oder aufwachen unterliegt einer zirkadianen Rhythmik. Dafür sind sowohl unsere innere biologische Uhr als auch der Tag-Nacht-Zyklus verantwortlich. Als Vermittler zwischen diesen beiden Rhythmen dient eine Schaltzentrale in unserem Gehirn, die Informationen über Lichtreize vom Auge empfängt. Als Reaktion auf die Dämmerung oder den Anbruch des Tageslichts steuert diese Schaltzentrale dann vegetative Körperfunktionen, wie den Hormonhaushalt, Verdauungsprozesse oder die Körpertemperatur. Die Folge:

  • Am Tage werden wir aktiv und verbrauchen unsere Energiespeicher
  • Nachts nutzen wir die Nachtruhe zum Regenerieren und Entgiften

Zeitgeber unserer inneren Uhr

Sowohl innere biologische Faktoren als auch äußere Faktoren geben den Takt unserer inneren Uhr vor. Normalerweise sind diese Taktgeber im 24-Stunden-Rhythmus synchronisiert. Mit Anbruch der Dunkelheit stellt sich unser Körper dann auf die Nacht ein und das Tageslicht am Morgen aktiviert schenkt uns Energie für den Tag. Bei der Zeitumstellung auf Sommer- oder Winterzeit oder bei Flugreisen gegen die Zeit kann unsere innere Uhr aber aus dem Takt geraten. Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit lassen uns dann die Macht der inneren Uhr spüren.

  • Licht ist der Hauptzeitgeber. Der Wechsel von Tag und Nacht beeinflusst über eine Hormonausschüttung viele körperliche Funktionen.
  • Auch soziale Zeitgeber wirken auf unseren Organismus. Arbeitszeiten, Stundenpläne in der Schule und familiäre Verpflichtungen bestimmen unsere Aufsteh- und Bettgehzeiten und unseren Alltagsrhythmus.
  • Gene und unser Alter haben ebenfalls einen Einfluss auf die innere Rhythmik unserer Körperfunktionen.
  • Über unsere Ernährung wird unser Energielevel beeinflusst. Damit sind die Mahlzeiten sehr wichtig für den zirkadianen Rhythmus.

Als eine wichtige Steuerzentrale gilt der Nucleus Suprachiasmaticus, ein Bestandteil des Hypothalamus im Gehirn. Seine Aufgabe ist, die innere Uhr mit der äußerlichen anzugleichen. Er erhält Informationen über Tag und Nacht über die Lichtrezeptoren unseres Auges. Bei Dunkelheit sorgt er dafür, dass Schlafhormone in der Zirbeldrüse produziert werden, sodass unser Körper herunterfährt.

Körperliche Vorgänge, die der zirkadianen Rhythmik unterliegen

Auch wenn wir vereinfacht von der einen inneren Uhr sprechen, verfügt unser Körper in Wirklichkeit über eine Vielfalt von fein abgestimmten Uhren. Jede Zelle hat ihr eigenes Uhrwerk. Das hat wichtige Implikationen auf die unterschiedenen Funktionen unsere Organe und deren Stoffwechselprozesse. Damit ist unser Organismus optimal darauf eingestellt, im Schlaf zu regenerieren und Kräfte zu sammeln und am Tag Energie bereitzustellen.

Herz Niere Leber
Die Herzschlag variiert über den Tag. Die Frequenz steigt morgens an. Auch unser Blutdruck hat seinen Gipfel morgens zwischen 9 und 10. Mittags fällt er dann ab, hat am frühen Abend noch ein hoch bevor für die Nacht deutlich absinkt. Die Niere transportiert unterschiedlich viele Ionen und Elektrolyten je nach Uhrzeit. Zur Abendstunde wird mehr Flüssigkeit ausgeschieden. Nachts wird dagegen die Produktion von Urin gebremst, damit wir durchschlafen können. Die Leber passt die Produktion von Zucker- und Fettmolekülen an. Sie hat über den Tag verteilt mehrere Höhepunkte. Da nachts weniger Energie benötigt wird, wird weniger Glucose produziert und der Blutzuckerspiegel sinkt.

Hormone, die unseren Schlaf steuern

Zwei Hormone mit großem Einfluss auf unser Schlaf- und Wachverhalten sind Melatonin und Cortisol. Mit ihrer Ausschüttung bzw. Hemmung wird die Anpassung unseres Organismus an zirkadiane Rhythmen erleichtert.

Melatonin, das Schlafhormon
  • Was ist das? Ein körpereigenes Hormon, das wichtige Funktionen für unseren Körper und Schlaf-Wach-Rhythmus übernimmt.

  • Wo wird es gebildet? Vorrangig in der Zirbeldrüse unseres Gehirns gebildet, aber auch auf der Netzhaut unseres Auges, auf der Haut und im Verdauungstrakt.

  • Wirkung? Seine Produktion wird bei Dunkelheit angeregt, woraufhin unser Körper die Energiezufuhr bremst, wir schläfrig werden und gut einschlafen können. Gleichzeitig sinkt damit unsere Körpertemperatur und unser Nervensystem fährt seine Aktivität herunter. Bei Tageslicht sinkt hingegen unsere Melatoninkonzentration und wir werden wach und aktiv.

Cortisol, der Wachmacher
  • Was ist das? Ein körpereigenes Hormon, das eine wichtige Rolle in der Energiebereitstellung spielt.

  • Wo wird es gebildet? In der Nebenniere, in ca. 7-10 Schüben pro Tag, wobei maximale Konzentrationen zwischen sechs und acht Uhr morgens vorliegen.

  • Wirkung? Das Hormon stellt Energie aus unseren Energiespeichern bereit und macht uns so aktiv und leistungsstark. Blutzuckerspiegel, Blutdruck und Atemfrequenz werden dabei erhöht, unsere Aufmerksamkeit und Denkfähigkeit gesteigert. Über den Tag fallen die Cortisolwerte normalerweise ab, sodass sich unser Körper langsam auf den Schlaf einstellen kann.

Störungen des Schlafrhythmus

Zirkadiane Störungen des Schlafrhythmus entstehen, wenn der biologische Schlaf-Wach-Rhythmus nicht mit dem äußeren Hell-Dunkel-Zyklus synchronisiert sind. Als Symptome treten meist Schlaflosigkeit oder eine extreme Tagesschläfrigkeit, aber auch Stimmungsschwankungen oder Übelkeit, auf. Folgende Typen werden unterschieden:

Jetlag-Störung

Bei der zirkadianen Schlafstörung des Typs Jetlag wird die innere Uhr durch einen schnellen Wechsel der Zeitzonen vorübergehend aus dem Takt gebracht. Dabei ist eine Reise in Richtung Osten, bei der der Schlaf nach vorne verlagert wird, belastender als eine Reise in Richtung Westen mit verspätetem Schlaf. Außerdem hängt die Schwere des Jetlags von der Zahl überquerter Zeitzonen ab. Hier gilt: je mehr, desto größer die Verschiebung des Schlafs und damit die Beschwerden.

Es gibt einige Tipps, die einem die Anpassung an die neue Zeitzone erleichtern und den Jetlag vermindern. Sie sollten allerdings nur angewandt werden, wenn der Aufenthalt in der neuen Zeitzone mindestens zwei Tage andauert. Ansonsten “lohnt” sich die Umgewöhnung nicht und man sollte besser im gewohnten Rhythmus bleiben.

Tipps gegen Jetlag
  • Bereits vor der Reise: eine schrittweise Gewöhnung an die zukünftige Zeitzone: Schlafrhythmus und Mahlzeiten ähnlich wie am Reiseziel gestalten

  • Bei Ankunft: den Tagesrhythmus der neuen Zeitzone annehmen, d.h. zu den ortsüblichen Zeiten essen und schlafen

  • Tagsüber und speziell morgens: möglichst viel Tageslicht einfangen

  • Abends: die natürliche Produktion des Schlafhormons unterstützen durch die zusätzliche Aufnahme von Melatonin, Lichtquellen möglichst ausschalten

Schichtarbeitersyndrom

Wusstest Du das?

Langfristig leiden bis bis zu 90% der Schicht- und Nachtarbeiter unter Schlafstörungen.

Nächtliche Schichtarbeit oder dauernd wechselnde Schichten erfordern Wachheit und Aktivität gegen den natürlichen Schlafrhythmus. Dadurch ist die innere Uhr nicht mit dem sozial vorgegebenen Rhythmus synchron. Die Symptome wie Schlaflosigkeit während der geplanten Schlafzeiten und extremer Müdigkeit während der Arbeit sind nicht nur stark belastend, sondern können unter Umständen auch zur Gefahr am Arbeitsplatz und auf dem Heimweg werden.

Die Schwere der Symptomatik ist proportional zur Häufigkeit der Schichtwechsel, zur Anzahl aufeinander folgender Nachtschichten, Länge der Schichten und Häufigkeit der Änderungen gegen den Uhrzeigersinn.

Frühschicht Spätschicht Nachtschicht
Am Morgen und während der Frühschicht Helles Licht am Arbeitsplatz, z.B. Tageslichtlampe Aktivierung des Organismus: z.B. Warm-Kalt-Duschen, sportliche Aktivität (mit Fahrrad zur Arbeit) Nach Frühschicht langen Mittagsschlaf vermeiden Während der Spätschicht Gegen Schichtende das “Abschalten” fördern: Vermeiden von Aktivität und grellem Licht keine schweren Mahlzeiten: besser Blutzuckerspiegel durch kleine Snacks wie Vollkornkekse, Cracker oder Obst konstant hoch halten Während der Nachtschicht Am Tag vorher Ausschlafen oder Nickerchen machen Kurze Nickerchen bis zu 20 Min. in den Pausen Helles Licht gegen Schläfrigkeit, in letzten Arbeitsstunden reduzieren Keine schweren Mahlzeiten, besser mehrere leichte
Am Vorabend Für den Schlaf Für nach der Arbeit
Aktivitäten zeitlich vorverlagern kein Sport drei Stunden vor dem Zubettgehen Kaffee und koffeinhaltigen Tee ab nachmittags reduzieren Entspannende Aktivitäten wie Lesen oder Musikhören Grelles Handy- oder Laptoplicht im Bett vermeiden Für den Schlaf nach der Spätschicht nach Möglichkeit keinen Wecker stellen und ausschlafen Uhren wegdrehen, um psychischen Druck, schlafen zu müssen, zu verhindern Auf dem Heimweg eine Sonnenbrille gegen das Tageslicht tragen zu viel Aktivität, wie beim Fahrradfahren, vermeiden und öffentliche Verkehrsmittel nutzen Raum gut abdunkeln und Lichter von Laptops und Co abdecken

Schlafphasenverlagerung

Bei diesem Störungsbild liegt eine normale Schlafqualität und Schlafdauer vor, aber die Schlafenszeit findet nicht zu dem gewünschten Zeitpunkt statt. Beschwerden treten meist durch die verlagerte Schlafphase selbst nicht auf, sondern nur dann, wenn dieser natürliche Rhythmus nicht eingehalten werden kann, z.B. wegen beruflicher oder schulischer festgesetzter Zeiten. Es werden weiterhin drei Typen einer Schlafphasenverlagerung unterschieden:

  • Verzögertes Schlafphasensyndrom: Einschlafen zum späteren als gewünschten Zeitpunkt. Typisch für Jugendliche, die nachts lange aufbleiben und morgens zur Schulzeit schlecht aus dem Bett kommen. Mögliche Behandlung: Schrittweise früheres Aufstehen und Gabe von Melatoninpräparaten vor dem Einschlafen
  • Vorverlagertes Schlafphasensyndrom: Aufwachen zum früheren als gewünschten Zeitpunkt. Typisch bei älteren Menschen. Mögliche Behandlung: Unterdrückung von Melatonin durch helles Licht am Abend und Abschirmung des Schlafzimmers gegen Sonnenlicht am Morgen
  • Non-24-h-Schlaf-Wach-Syndrom: seltenes Syndrom, bei dem der Schlaf-Wach-Rhythmus eine üblicherweise konstante Länge über 24h hat. Das führt zu einer Verzögerung der Einschlaf- und Aufwachzeiten.

Häufige Fragen

Der zirkadiane Rhythmus ist ein biologischer 24-Stunden-Zyklus, der unsere Schlaf-Wach-Zeiten steuert. Licht ist der wichtigste Zeitgeber, der die Freisetzung von Hormonen wie Melatonin und Cortisol reguliert. Diese Hormone helfen uns, nachts zu schlafen und tagsüber wach zu sein.

Melatonin, das bei Dunkelheit produziert wird, fördert den Schlaf, indem es den Körper herunterfährt. Cortisol wird hauptsächlich morgens freigesetzt und sorgt für Energie und Wachheit. Das Zusammenspiel dieser Hormone hilft, den zirkadianen Rhythmus zu steuern.

Jetlag entsteht durch schnelle Zeitzonenwechsel, die die innere Uhr durcheinanderbringen. Anpassung des Schlaf- und Essrhythmus vor und während der Reise sowie ausreichend Tageslicht nach der Ankunft können helfen, Jetlag-Symptome zu lindern.

Das Schichtarbeitersyndrom betrifft Menschen, die gegen ihren natürlichen Schlafrhythmus arbeiten müssen, was zu Schlaflosigkeit und Müdigkeit führt. Maßnahmen wie die Nutzung von hellen Lichtquellen während der Arbeit und das Tragen von Sonnenbrillen auf dem Heimweg können helfen, den Schlafrhythmus zu stabilisieren.

Schlafphasenverlagerungen treten auf, wenn die Schlafenszeiten nicht dem gewünschten Zeitpunkt entsprechen. Behandlungen umfassen das schrittweise Anpassen des Schlafzeitpunkts und die Verwendung von Melatonin oder Lichttherapie, um den Schlaf-Wach-Rhythmus zu regulieren.

Quellenangaben

  1. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-132013/therapie-im-takt-der-inneren-uhr/
  2. https://www.chronobiology.com/de/wie-sie-der-circadiane-rhythmus-ihrer-nieren-beeinflusst/
  3. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2002/daz-24-2002/uid-7855  
  4. https://www.spektrum.de/news/laengerer-schlaf-weniger-zucker/1157047
  5. Brzezinski, A., Vangel, M. G., Wurtman, R. J., Norrie, G., Zhdanova, I., Ben-Shushan, A., & Ford, I. (2005). Effects of exogenous melatonin on sleep: a meta-analysis. Sleep medicine reviews, 9(1), 41-50.
  6. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/neurologische-krankheiten/schlafst%C3%B6rungen-und-st%C3%B6rungen-des-schlaf-wach-rhythmus/zirkadiane-rhythmusst%C3%B6rungen-mit-schlafst%C3%B6rungen
  7. https://smed-schlaflabor.de/schichtarbeitersyndrom-schlafstoerungen-als-folge-von-nacht-und-schichtarbeit/
  8. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/neurologische-krankheiten/schlafst%C3%B6rungen-und-st%C3%B6rungen-des-schlaf-wach-rhythmus/zirkadiane-rhythmusst%C3%B6rungen-mit-schlafst%C3%B6rungen
  9. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/neurologische-krankheiten/schlafst%C3%B6rungen-und-st%C3%B6rungen-des-schlaf-wach-rhythmus/zirkadiane-rhythmusst%C3%B6rungen-mit-schlafst%C3%B6rungen