Etwa 30 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland leiden mindestens einmal im Leben unter Schlafstörungen.1 Erste Studien deuten darauf hin, dass die Cannabinoide THC und CBD, die im medizinischen Cannabis enthalten sind, eine mögliche Unterstützung bieten können. Die bisherigen Ergebnisse sind jedoch noch begrenzt und lassen derzeit keine allgemeine Empfehlung zu.
Schlafstörungen gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden in der Bevölkerung.4 Bei regelmäßigem Auftreten (chronische Schlafprobleme) können sie die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Schlafstörungen unterscheiden:
Je nach Ursache und Art der Störung äußern sich Schlafstörungen unterschiedlich. Dementsprechend können folgende Symptome auftreten:
Damit medizinisches Cannabis den Schlaf beeinflussen kann, spielen die beiden enthaltenen Hauptwirkstoffe Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) eine entscheidende Rolle. Denn sie wirken auf das Endocannabinoid-System des Körpers.
Dieses System unterstützt die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus und steht in Wechselwirkung mit weiteren biologischen Mechanismen, wie dem circadianen Rhythmus, der von Faktoren wie Hypothalamus, Adenosin, Sonnenlicht und Hormonen wie Melatonin gesteuert wird. THC kann hierbei in niedrigen Dosen eine beruhigende Wirkung entfalten und den Einschlafprozess fördern.5 Höhere Dosen oder individuelle Unterschiede können jedoch auch dazu führen, dass THC eine stimulierende oder angstverstärkende Wirkung hat, die den Schlaf beeinträchtigen kann.
CBD hingegen wird häufig wegen seiner entspannenden Eigenschaften verwendet.6 Es kann beispielsweise helfen, Schmerzen zu lindern7 oder Angstzustände zu reduzieren8 – beides mögliche Ursachen für Schlafprobleme.
Medizinisches Cannabis wird symptomatisch eingesetzt und kann bei Schlafstörungen vor allem zur Linderung der Beschwerden beitragen, ohne die Ursachen der Schlafprobleme direkt zu behandeln. Insbesondere bei sekundären Schlafstörungen, die etwa durch chronische Schmerzen oder psychische Belastungen verursacht werden, kann Cannabis unterstützend wirken.
Eine ärztliche Begleitung ist dabei unerlässlich, um die richtige Dosierung sicherzustellen und mögliche Nebenwirkungen sowie Abhängigkeitsrisiken zu minimieren.
Eine Literaturübersicht von Kimberly A. Babson et al. (2017) fasst den Stand der Forschung bis 2014 zusammen.9
In einer randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Crossover-Studie von Karin Ried et al. (2022) wurde die Wirkung von medizinischem Cannabis-Öl auf Schlafstörungen untersucht. 29 Erwachsene nahmen an der Studie teil.10
Ergebnisse:
Schlafstörungen lassen sich – wie bereits erwähnt – in primäre und sekundäre Schlafstörungen unterteilen:
Insbesondere bei Schlafstörungen, die im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen stehen, haben Cannabinoide potenziell eine schlaffördernde Wirkung. Dies könnte vor allem auf die schmerzlindernden Eigenschaften zurückzuführen sein, die den Schlaf indirekt verbessern. Dennoch ist bislang nicht abschließend erforscht, ob diese Wirkung primär auf die Schmerzreduktion oder auf einen direkten Einfluss auf die Schlafqualität zurückzuführen ist.11
Bei Patientinnen und Patienten mit Restless-Legs-Syndrom ist die Wirkung von Cannabinoiden auf den Schlaf weniger gut untersucht. Es gibt jedoch einzelne Berichte, in denen Betroffene über eine Linderung der Symptome und eine Verbesserung der Schlafqualität durch den Einsatz von Cannabinoiden berichten.12
Wichtig: Grundsätzlich sollte die Anwendung von medizinischem Cannabis bei Schlafstörungen ärztlich begleitet und gezielt auf die Ursache(n) (primäre oder sekundäre Schlafstörung) abgestimmt werden.
Die Anwendung von medizinischem Cannabis kann kurz- und langfristige Nebenwirkungen verursachen. Da die individuelle Reaktion auf die Behandlung und die Verträglichkeit von THC und CBD stark variieren können, sollte die Behandlung stets unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Häufige Nebenwirkungen von THC-basierten Cannabis-Produkten umfassen:
Bei einigen Patientinnen und Patienten treten diese Nebenwirkungen vor allem in der Eingewöhnungsphase auf, während andere langfristig darunter leiden. CBD wird im Allgemeinen besser vertragen, allerdings kann es auch hier zu Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, leichter Schwindel, Schläfrigkeit sowie Übelkeit und Erbrechen kommen.Es gibt Hinweise darauf, dass CBD eine beruhigendere Wirkung auf den Schlaf haben könnte, während THC die Schlafarchitektur, insbesondere den REM-Schlaf, beeinflussen kann.13
Obwohl es vielversprechende Hinweise auf die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei Schlafstörungen gibt, ist die wissenschaftliche Evidenz noch unzureichend und es gibt keine klare Behandlungsempfehlung. Cannabinoide wirken auf das Endocannabinoid-System und können kurzfristig den Schlaf fördern, insbesondere bei Patienten und Patientinnen mit Schlafstörungen aufgrund von Angstzuständen oder chronischen Schmerzen. Eine langfristige Anwendung von THC könnte jedoch zu negativen Effekten wie Toleranzentwicklung oder Beeinträchtigung der Schlafqualität führen. Weitere Forschung ist notwendig, um die langfristigen Auswirkungen und die besten Anwendungsmöglichkeiten zu ermitteln.
Es gibt Hinweise darauf, dass CBD-Produkte bei Schlafstörungen besser wirken können, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Angststörungen oder Schmerzen. In einigen Fällen kann auch eine Kombination von THC und CBD vorteilhaft sein. Eine ärztliche Beratung ist bei der Auswahl des richtigen Produkts unerlässlich.
Die optimale Dosis hängt von den individuellen Bedürfnissen und der Reaktion des Körpers ab. Es wird empfohlen, mit einer niedrigen Dosis zu beginnen und diese unter ärztlicher Aufsicht anzupassen.
In der Regel wird medizinisches Cannabis zur Behandlung von Schlafstörungen vor dem Schlafengehen eingenommen, da es den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Melatoninproduktion beeinflussen kann.
Kurzfristig kann medizinisches Cannabis den Schlaf verbessern, es besteht jedoch die Gefahr der Toleranzentwicklung und von Gewöhnungseffekten. Langzeitstudien fehlen noch, um diese Effekte zu bestätigen. Dein Arzt oder Deine Ärztin können Dich beraten, welches Produkt und welche Behandlungsdauer für Dich geeignet sind.
Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Schwindel, Kreislaufprobleme, Mundtrockenheit, Übelkeit, Müdigkeit, Schlafstörungen, Erbrechen, Orientierungsstörungen und in seltenen Fällen Paranoia.
In einigen Fällen können Cannabis-Produkte Schlafstörungen verschlimmern – insbesondere nach längerer Einnahme, wenn die Behandlung abrupt beendet wird. Auch ein hoher THC-Gehalt kann Schlafstörungen eher begünstigen. Hier solltest Du eine Ärztin oder einen Arzt konsultieren, um die richtige Vorgehensweise zu besprechen.