Cannabis als Medizin

Die Vorteile von medizinischem Cannabis

Medizinisches Cannabis kommt in Deutschland bei einer Vielzahl an Beschwerden zum Einsatz. Liegt eine Erkrankung vor, die Dein Leben deutlich beeinflusst, kann eine Indikation zur Verordnung vorliegen. Doch auch bei leichteren Beschwerden kann heutzutage medizinisches Cannabis verschrieben werden. Erfahre bei uns die wichtigsten Einsatzbereiche und Vorteile einer Cannabis-Therapie und wann diese von einer Ärztin oder einem Arzt verordnet werden kann.

*Rezeptpflichtige Arzneimittel erfordern eine ärztliche Verschreibung
Medizinisch geprüft durch
unser internes Medical Team

Letzte Änderung:

12.9.2024

Das Wichtigste in Kürze
  • Medizinisches Cannabis wird bei chronischen Schmerzen und weiteren Beschwerden bereits seit längerer Zeit auch in Deutschland eingesetzt.
  • Die Vorteile der Einnahme von medizinischem Cannabis sind bei einigen Beschwerden bereits in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen worden.
  • Medizinal-Cannabis wird auf Rezept durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt verordnet.

Medizinisches Cannabis – ergänzend oder als Ersatz? Beides möglich!

Medizinisches Cannabis kann ergänzend oder ersatzweise zu einer Arzneimitteltherapie verordnet werden, sowohl bei körperlichen als auch bei psychischen Beschwerden. 

Ob eine Behandlung mit medizinischem Cannabis in Betracht kommt, entscheiden Ärztin oder Arzt je nach Deiner individuellen Situation. Besonders wenn andere Behandlungsmethoden erschöpft sind, nicht die gewünschte Wirkung gezeigt haben oder von Dir nicht vertragen werden, kann medizinisches Cannabis eine Option darstellen.

Deine Ärztin oder Dein Arzt geben Dir Empfehlungen und Ratschläge, wie Du Deine Therapie für Deine Bedürfnisse passend gestaltest.

Medizinisches Cannabis kann beim Schmerzmanagement unterstützen

Medizinisches Cannabis hat sich als sinnvolle Unterstützung im Bereich Schmerzmanagement etabliert. Bei chronischen Schmerzen, die durch herkömmliche Schmerzmittel nicht ausreichend gelindert werden, kann medizinisches Cannabis eine alternative oder ergänzende Behandlungsmöglichkeit sein.1 

Es wirkt auf das Endocannabinoid-System des Körpers, das bei der Regulierung der Schmerzempfindungen eine wichtige Rolle spielt. Das Endocannabinoid-System kann man sich als Vermittler zwischen dem Gehirn und dem restlichen Körper vorstellen. Sowohl Emotionen als auch Schmerzen und andere Wahrnehmungen werden hier gesteuert.

Medizinisches Cannabis im Einsatz bei Gewichtsverlust

Ein weiterer Vorteil von medizinischem Cannabis ist seine Eigenschaft, den Appetit anzuregen und somit einem möglichen Gewichtsverlust vorzubeugen. 

Viele Krebspatienten und -patientinnen haben aufgrund der Krankheit oder der Behandlung einen verminderten Appetit. Auch HIV- / AIDS-Patienten und -Patientinnen leiden häufig unter Appetitlosigkeit und ungewolltem Gewichtsverlust (Kachexie)

Medizinisches Cannabis kann Studienergebnissen zufolge den Appetit anregen und damit eine Gewichtszunahme unterstützen bzw. einen Gewichtsverlust abzumildern.2

Fibromyalgie-Symptome potenziell mit medizinischem Cannabis lindern

Betroffene von Fibromyalgie, einer Krankheit, die sich u. a. durch Schmerzen, Verkrampfungen und Schlafprobleme zeigt, können mit normalen Schmerzmitteln oftmals keine Besserung ihrer Symptome bewirken. 

Erste Studien haben gezeigt, dass medizinisches Cannabis durch Fibromyalgie ausgelöste Schmerzen lindern kann. Auch eine entzündungshemmende und entkrampfende Wirkung wird vermutet.3

Cannabis-Tropfen als Medikament bei Angsterkrankungen?

Die medizinische Wirkung von Cannabis ist vielfältig; auch bei Angsterkrankungen sollen Cannabinoide eine Wirkung zeigen können. Das in medizinischen Cannabis-Produkten enthaltene Cannabidiol (CBD) kann Studienergebnissen zufolge beruhigend und angstlösend sein, ohne die psychoaktiven Effekte des Cannabinoids THC auszulösen.4

Auch die Wahl der Cannabis-Sorte kann einen Einfluss auf die Wirkung haben: Sogenannte Indica-Sorten wirken eher dämpfend und entspannend, wohingegen Sativa-Sorten eine aktivierende Wirkung haben. 

Wichtig: Bei der Orientierung kann Dich Deine Ärztin oder Dein Arzt unterstützen, um ein wirksames Cannabis-Produkt in der passenden Dosierung gegen Deine Ängste zu wählen.

Medizinisches Cannabis kann bei Asthma zum Einsatz kommen

Schon seit den 70er-Jahren wird das therapeutische Potenzial von Cannabis für Asthma-Patientinnen und -Patienten erforscht. Es spricht einiges dafür, dass medizinisches Cannabis bei Patientinnen und Patienten mit Asthma hilfreich sein kann.5

Die entzündungshemmendenEigenschaften von medizinischem Cannabis können zur Entspannung der Atemwege und zur Reduktion von Entzündungen beitragen, wie neuere Studienergebnisse gezeigt haben. Dadurch kann die Atemfunktion verbessert und die Anzahl an Asthmaanfällen sinken.6

Positiver Einfluss von medizinischem Cannabis bei Hauterkrankungen

Mit positiven Wirkungen auf das Immunsystem und entzündungshemmenden Eigenschaften kann medizinisches Cannabis bei Hauterkrankungen positive Effekte zeigen. Insbesondere Erkrankungen wie Psoriasis (Schuppenflechte) oder Ekzeme stehen im Fokus. 

Salben und Cremes mit CBD als Wirkstoff können den Heilungsprozess bei betroffenen Personen deutlich verbessern. Rötungen und Juckreiz sind gängige Symptome von Schuppenflechte und Ekzemen. Studienergebnissen zufolge können diese effektiv gelindert werden.7

Potenziell weniger Nebenwirkungen bei Krebstherapien durch medizinisches Cannabis

Krebspatientinnen und -patienten haben als Folge ihrer Therapie, insbesondere mit Chemotherapeutika, oft mit belastenden Nebenwirkungen für den Körper zu kämpfen.

Starke Übelkeit und Erbrechen betreffen viele Patientinnen und Patienten; hier kann medizinisches Cannabis Abhilfe schaffen. THC-haltige Medizinprodukte sollen gegen Übelkeit eingesetzt werden können.8

Zudem kann der oben erwähnte Effekt zur Gewichtsstabilisierung eintreten. Durch die Verwendung von medizinischem Cannabis haben Betroffene wieder mehr Appetit und es geht weniger Gewicht verloren.

Laut dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums gibt es zudem Hinweise aus klinischen Studien darauf, dass Cannabis bei durch Krebs verursachten Schmerzen wirksam sein könnte.9

Schlafverbesserung durch medizinisches Cannabis?

Studien haben gezeigt, dass Cannabis therapeutische Wirksamkeit auf die Schlafqualität haben kann. Dies sei in Bezug auf die Gesamtschlafdauer, die Einschlafzeit, die Anzahl der Tiefschlafphasen und eine Reduzierung der REM-Schlafphasen zurückzuführen.10

Wird Cannabis zur Verbesserung der Schlafqualität verschrieben, fällt die Wahl oft auf Indica-Sorten, da diese eher beruhigend wirken. Zudem können Cannabis-Sorten sinnvoll sein, die reich an CBD sind, da diesem Cannabinoid eine entspannende Wirkung zugeschrieben wird.

Medizinisches Cannabis soll chronische Entzündungen hemmen

Bei vielen chronischen Erkrankungen spielen Entzündungen im Körper eine zentrale Rolle. Medizinisches Cannabis weist entzündungshemmende Eigenschaften auf, die bei der Reduktion von Entzündungsprozessen im Körper helfen können.

Typische Indikationen sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, aber auch sogenannte systemische Erkrankungen, die das gesamte Organsystem befallen, wie z. B. Arthritis.11

Rechtlicher Status von Cannabis: Auswirkungen auf Forschung und Therapie

Der rechtliche Status von Cannabis bis April 2024 hat dazu geführt, dass es für viele Krankheiten bisher nur wenige umfangreiche Studien gibt, aus denen klare Leitlinien für die jeweilige Behandlung hervorgehen können. Das bedeutet, dass das Wissen hauptsächlich auf den Erfahrungen von behandelnden Ärzten und Ärztinnen basiert. Medizinisches Cannabis wird in der Regel nicht als 1. Behandlungsoption verwendet. Es werden zunächst andere Therapiemöglichkeiten ausprobiert, bevor medizinisches Cannabis in Betracht gezogen wird. Trotzdem gibt es vielversprechende Ergebnisse und Hinweise für viele Krankheiten.

Zusammenfassung

Medizinisches Cannabis wurde in vielen Studien bereits ausführlich untersucht; seit 2017 ist es offiziell verordnungsfähig in Deutschland. Bei Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Beschwerden kann eine Verordnung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgen. Deine Krankenkasse kann die Kosten in manchen Fällen übernehmen, sofern die medizinische Indikation bestätigt wurde. Alternativ kannst Du aber auch immer ein Privatrezept erhalten und selbst bezahlen.

Häufige Fragen

Ja, medizinisches Cannabis kann chronische Schmerzen potenziell lindern. Es hat Einfluss auf das Endocannabinoid-System (ECS) des Körpers, das für die Schmerzempfindungen verantwortlich ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen, die auf herkömmliche Schmerzmittel nicht ansprechen, von medizinischem Cannabis profitieren können.

Durch die Reduktion der Beschwerden bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Krankheiten kann medizinisches Cannabis die Lebensqualität verbessern. Symptome wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schmerzen oder Schlafstörungen können potenziell gelindert werden.

Medizinal-Cannabis hat für Krebspatientinnen und Krebspatienten den Vorteil, dass Nebenwirkungen der Chemotherapie potenziell gelindert werden können. Die häufig vorliegenden chronischen Schmerzen und das allgemeine Lebensgefühl können sich zudem verbessern.

Je nach Sorte kann medizinisches Cannabis die Stimmung und das Wohlbefinden von Menschen verbessern. Beruhigende Sorten können Angststörungen und die emotionale Gefühlslage verbessern. Die psychische Belastung chronischer oder schwerer Erkrankungen kann dadurch gemindert werden.

Von der Ärztin oder dem Arzt verordnetes medizinisches Cannabis gilt als sicher und hat im Vergleich zu vielen Medikamenten weniger Nebenwirkungen. Das Suchtpotenzial ist z. B. geringer als bei Barbituraten (starke Beruhigungsmittel) oder Opioiden (starke Schmerzmittel). Um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten, begleiten Dich Deine Ärztin oder Dein Arzt während der Therapie.

Die Symptomlinderung tritt je nach individuellem Beschwerdebild und Art der Einnahme unterschiedlich schnell auf. Inhaliertes Cannabis zeigt seine Wirkung binnen weniger Minuten; Öle und Kapseln wirken im Schnitt nach 30 Minuten bis zwei Stunden. Der individuelle Therapieerfolg kann aber nie garantiert werden. Oft dauert es auch einige Zeit, bis sich der Körper an die Einnahme von Cannabis gewöhnt hat und die Wirkung einsetzt.

Quellenangaben

  1. 1Häuser, W. & Petzke, F. (2019). Evidenz der Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabispräparaten bei chronischen Schmerzen. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 62(7), 836–844. https://doi.org/10.1007/s00103-019-02966-2
  2. 2Kirkham, T. C. (2009). Cannabinoids and appetite: Food craving and food pleasure. International Review Of Psychiatry, 21(2), 163–171. https://doi.org/10.1080/09540260902782810 
  3. 3Giorgi, V. et al. (2020). Adding medical cannabis to standard analgesic treatment for fibromyalgia: a prospective observational study. PubMed. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32116208/
  4. 4Black, N., Stockings, E., Campbell, G., Tran, L. T., Zagic, D., Hall, W. D., Farrell, M. & Degenhardt, L. (2019). Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis. The Lancet Psychiatry, 6(12), 995–1010. https://doi.org/10.1016/s2215-0366(19)30401-8
  5. 5Tashkin, D. P., Shapiro, B. J. & Frank, I. M. (1974). Acute effects of smoked marijuana and oral delta9-tetrahydrocannabinol on specific airway conductance in asthmatic subjects. PubMed, 109(4), 420–428. https://doi.org/10.1164/arrd.1974.109.4.420
  6. 6Pini, A., Mannaioni, G., Pellegrini-Giampietro, D., Passani, M. B., Mastroianni, R., Bani, D. & Masini, E. (2012). The Role of Cannabinoids in Inflammatory Modulation of Allergic Respiratory Disorders, Inflammatory Pain and Ischemic Stroke. Current Drug Targets, 13(7), 984–993. https://doi.org/10.2174/138945012800675786
  7. 7Wilkinson, J. D. & Williamson, E. M. (2007). Cannabinoids inhibit human keratinocyte proliferation through a non-CB1/CB2 mechanism and have a potential therapeutic value in the treatment of psoriasis. Journal Of Dermatological Science, 45(2), 87–92. https://doi.org/10.1016/j.jdermsci.2006.10.009
  8. 8Hoch, E., Friemel, C. M. & Schneider, M. (2019). Cannabis: Potenzial und Risiko. in Springer eBooks. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57291-7
  9. 9Cannabis und Cannabinoide bei Krebs. (o. D.). Krebsinformationsdienst. https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/cannabis-und-cannabinoide-bei-krebs, abgerufen am 10.07.2024