Medizinisches Cannabis hat in Deutschland Einzug in die medizinische Versorgung gehalten. Doch wofür kann es eingesetzt werden, wie wirkt es genau und welche Nebenwirkungen sind möglich? Dieser Artikel gibt einen ersten Überblick über das Wirkungsspektrum von medizinischem Cannabis.
Cannabis-Pflanzen enthalten eine Vielzahl von Wirkstoffen, die Cannabinoide genannt werden. Die bekanntesten sind:
Beide sind in medizinischem Cannabis enthalten. Die Cannabinoide docken im Körper an speziellen Rezeptoren an:
Diese Rezeptoren sind Teil des sogenannten Endocannabinoidsystems, das verschiedene Funktionen und Prozesse in unserem Körper reguliert, darunter Appetit, Schmerzempfinden, Gedächtnis und Stimmung.
Sowohl THC als auch CBD wirken auf das Endocannabinoidsystem ein, jedoch auf unterschiedliche Weise. THC hat eine psychoaktive Wirkung und ist für das „High“ von Cannabis verantwortlich. Es sorgt dafür, dass der Körper Dopamin ausschüttet, das auch als „Glückshormon“ bezeichnet wird. CBD hingegen ist nicht psychoaktiv, macht also nicht high, sondern entspannt.
Beim Inhalieren von Cannabis tritt die Wirkung in der Regel nach wenigen Sekunden / Minuten ein und hält etwa 2-3 Stunden an. Bei der oralen Einnahme hingegen müssen die Wirkstoffe erst im Verdauungstrakt verarbeitet werden. Der Wirkungseintritt erfolgt daher verzögert: innerhalb von 30 Minuten bis zu zwei Stunden. Dafür hält die Wirkung 4 bis 8 Stunden an.
Da CBD und THC auf die Schmerzwahrnehmung wirken, kann eine potenzielle Schmerzlinderung erreicht werden.1
Eine systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2021, in der 32 Studien mit insgesamt 5.174 Teilnehmenden untersucht wurden, zeigt, dass oral verabreichtes medizinisches Cannabis die Schmerzen, die Funktionsfähigkeit im Alltag und die Schlafqualität von Menschen mit chronischen Schmerzen leicht verbessern kann.2
Studien zeigen, dass CBD Angst reduzieren und entspannend wirken kann. In einer Studie3 berichteten 66,7 Prozent der Teilnehmenden nach vier Wochen über einen erholsameren Schlaf.
Darüber hinaus zeigt eine Studie, dass in einigen Fällen herkömmliche Schlafmittel durch medizinisches Cannabis ersetzt werden können, was sowohl die Schlafqualität als auch die Durchschlafdauer positiv beeinflussen kann.4
Medizinisches Cannabis kann zur Muskelentspannung beitragen und als ergänzende Therapie zur Behandlung von Muskelkrämpfen bei Multipler Sklerose eingesetzt werden.5 Es kann auch den Appetit anregen und in einigen Fällen Übelkeit lindern, z. B. bei Übelkeit infolge einer Chemotherapie.
Medizinisches Cannabis kann wie jedes andere Medikament Nebenwirkungen hervorrufen. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen unter anderem:
In seltenen Fällen können auch Angstzustände oder Verfolgungswahn auftreten.
Bitte beachte, dass die Nebenwirkungen auch von der verwendeten Cannabis-Sorte, der Darreichungsform, der Dosis sowie der individuellen Reaktion des Körpers abhängen.
Die Langzeitwirkungen von medizinischem Cannabis sind noch nicht vollständig erforscht. Studien zeigen jedoch, dass beim Freizeitkonsum von Cannabis Langzeitwirkungen wie verstärkte Angstzustände, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme sowie psychische Erkrankungen (z. B. Schizophrenie) auftreten können. Auch eine Schädigung der Atemwege und die Entwicklung eines Reizhustens sind möglich, wenn Cannabis inhaliert wird.6,7,8
Bei regelmäßiger Anwendung besteht die Gefahr einer psychischen und in geringerem Maße auch einer körperlichen Abhängigkeit.
Es ist wichtig, dass medizinisches Cannabis nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet wird, um das Risiko von Nebenwirkungen und Abhängigkeit zu minimieren.
Nicht nur der Wirkstoff beeinflusst die Wirkung. Auch Set und Setting spielen eine entscheidende Rolle, um die Wirkung zu optimieren und Nebenwirkungen zu reduzieren.9
Dazu gehören unter anderem:
Dazu gehören unter anderem:
THC, CBD und andere Cannabinoide aus der Hanfpflanze wirken, indem sie an spezielle Stellen auf der Zelloberfläche, den sogenannten Cannabinoid-Rezeptoren (CB-Rezeptoren), andocken. So beeinflussen sie die Signale, die zwischen Nervenzellen übertragen werden, und dämpfen sowohl beruhigende als auch anregende Botschaften im Nervensystem. Auf diese Weise regulieren Cannabinoide verschiedene Körperfunktionen wie Schmerzempfinden, Erregung, Körpertemperatur, geistige Leistungsfähigkeit, körperliche Aktivität, Stressempfinden, Entzündungsneigung und Hungergefühl. Die Wirkung von medizinischem Cannabis kann von Person zu Person unterschiedlich sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Dosierung, der Darreichungsform, der individuellen Toleranz gegenüber Cannabis und dem Gesundheitszustand. Es gibt einige vielversprechende Ansätze für die Anwendung von medizinischem Cannabis, aber die Studienlage ist noch dünn, sodass weitere Forschung erforderlich ist.
Das ist individuell verschieden und hängt vor allem von der Art der Untersuchung ab. Während Cannabis beispielsweise im Speichel maximal 24 Stunden nachweisbar ist, kann es im Haar bis zu 13 Monate nach der letzten Anwendung nachgewiesen werden.
Wer regelmäßig Cannabis konsumiert, entwickelt eine Toleranz und benötigt eine höhere Dosis, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Außerdem können individuelle Faktoren wie die psychische Verfassung vor und während des Konsums die Wirkung von Cannabis verändern.
Ein Hebel ist die Dosis. Zudem gibt es Produkte mit höherem oder niedrigerem THC- oder CBD-Gehalt, um eine stärkere oder schwächere Wirkung zu erzielen. Auch die Form der Anwendung ist relevant: Wer medizinisches Cannabis oral verabreicht, erreicht eine längere Wirkdauer.
Die bekanntesten Unterschiede zwischen den Cannabis-Sorten sind Indica- und Sativa-Pflanzen, die sich durch ihr Ursprungsland, ihre Wachstumsperiode, ihr Größenwachstum und ihre Blütezeit unterscheiden.
Indica-Sorten wird eine beruhigende und Sativa-Sorten eine anregende Wirkung zugeschrieben, aber durch Züchtung und Kreuzung haben beide Sorten sehr THC-reiche oder sehr CBD-reiche Stämme hervorgebracht.
Cannabis-Sorten unterscheiden sich also hauptsächlich durch ihren Gehalt an Cannabinoiden. Obwohl es auch andere Stoffe wie Terpene oder Öle gibt, durch die sich Cannabissorten voneinander abheben, werden sie häufig nach ihrem THC- und CBD-Gehalt klassifiziert.
In der Regel ja. Denn medizinisches Cannabis ist ein streng reguliertes Produkt mit bekanntem THC- und CBD-Gehalt. Die Wirkung ist daher besser einschätzbar und konstanter. Außerdem enthält medizinisches Cannabis oft mehr CBD, das Schmerzen lindern kann, aber nicht psychoaktiv ist. Da medizinisches Cannabis gesetzlichen Vorschriften unterliegt, ist seine Reinheit garantiert. Cannabis, das in der Freizeit konsumiert wird, kann dagegen unerwünschte Substanzen enthalten.