Fast 40 % der über 65-jährigen Frauen und über 20 % der Männer1 leiden an einer Reizblase, die durch plötzlich auftretenden starken Harndrang den Alltag massiv einschränken kann. Viele Betroffene meiden z. B. Situationen, in denen keine Toilette in der Nähe ist.1 Die Therapie erfordert oft verschiedene Ansätze, bevor eine Linderung spürbar wird. Medizinisches Cannabis könnte möglicherweise für einige Betroffene eine neue Behandlungsoption sein.
Die Reizblase, auch überaktive Blase genannt, ist durch einen plötzlichen, starken Harndrang gekennzeichnet, auch wenn die Blase relativ leer ist. Typisch sind Symptome wie Nykturie (nächtliches Wasserlassen) und ein starker Harndrang. In manchen Fällen kann es zu einer Dranginkontinenz kommen, bei der der Urin nicht zurückgehalten werden kann.
Die Ursachen einer Reizblase sind noch nicht eindeutig geklärt, mögliche Gründe sind:
Vor einer Behandlung müssen schwerwiegende Erkrankungen ausgeschlossen werden. Bestätigt sich die Diagnose Reizblase, stehen verschiedene Therapieansätze zur Verfügung:
Neben den etablierten Therapieoptionen könnte medizinisches Cannabis eine weitere Möglichkeit sein, die Symptome einer Reizblase zu lindern. Die Wirkung erfolgt über das Endocannabinoid-System, dessen Rezeptoren im ganzen Körper verteilt sind, unter anderem im Gehirn, im Nervensystem, in Organen wie Nieren und Darm sowie im Immunsystem.
Es wird vermutet, dass einige dieser Rezeptoren auch in den Blasennerven vorkommen und eine Rolle bei der Verarbeitung von Blasensignalen spielen. Auf diese Weise könnte medizinisches Cannabis möglicherweise einen Einfluss auf die Spannung der Harnblase haben.3
Eine kleine Studie mit an Multipler Sklerose erkrankten Patientinnen und Patienten, die auch an einer überaktiven Blase litten, hat gezeigt, dass das medizinische Cannabis-Produkt Nabiximols positive Auswirkungen auf den Harndrang haben kann. Alle 18 Teilnehmenden berichteten über eine Verbesserung ihrer Symptome. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Studienlage zu medizinischem Cannabis und Reizblase insgesamt noch begrenzt ist.4
Studien5 an Ratten haben hingegen gezeigt, dass THC eine diuretische (entwässernde) Wirkung haben kann. Diese Ergebnisse sind jedoch nicht direkt auf den Menschen übertragbar.
Medizinisches Cannabis sollte bei der Therapie einer Reizblase mit Bedacht eingesetzt werden, da es sowohl positive als auch negative Effekte haben kann. Die Reaktionen sind individuell unterschiedlich, daher ist es wichtig, die Therapie im Vorfeld mit einem Arzt oder einer Ärztin zu besprechen.
Vor allem Frauen, aber auch Männer leiden an einer überaktiven Blase, und die Zahlen steigen mit zunehmendem Alter. Neben den herkömmlichen symptomatischen Therapien könnte medizinisches Cannabis die Wahrnehmung des Harndrangs und die Blasenfunktion positiv beeinflussen. Die aktuelle Datenlage ist jedoch begrenzt. Chancen und Risiken einer Behandlung mit medizinischem Cannabis sollten daher ärztlich abgeklärt werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass eine Kombination aus THC und CBD, wie sie in Nabiximols enthalten ist, hilfreich sein könnte. Aufgrund der begrenzten Studienlage ist es jedoch nicht möglich, eine eindeutige Empfehlung auszusprechen. Die Wahl des geeigneten Cannabis-Produkts sollte individuell erfolgen, je nachdem, welches Produkt die beste Wirkung bei möglichst geringen Nebenwirkungen bietet.
Ja, mögliche Nebenwirkungen von medizinischem Cannabis sind Schwindel, Mundtrockenheit, Übelkeit, Müdigkeit, Schlafstörungen, Erbrechen und Orientierungsstörungen.
Die optimale Dosierung ist derzeit unklar. Ein individueller Ansatz ist erforderlich, wobei das Prinzip „Start low, go slow“ gilt: Mit einer niedrigen Dosis beginnen und diese langsam steigern.
Die Reaktion auf medizinisches Cannabis ist individuell verschieden und schwer vorherzusagen. Um unerwünschte Wirkungen zu vermeiden, sollte die Therapie immer unter ärztlicher Kontrolle erfolgen.