Medizinisches Cannabis auf Rezept

Wer hat Anspruch und wie erhält man es?

Möchtest Du medizinisches Cannabis verschrieben bekommen, musst Du eine Ärztin oder einen Arzt finden, der sich damit auskennt. Bekommst Du Cannabis auf Rezept verordnet, stellt sich noch die Frage der Kostenübernahme. Es gibt immer die Möglichkeit, Cannabis als Privatrezept selbst zu bezahlen. In einigen Fällen kann auch die Krankenkasse einspringen.

*Rezeptpflichtige Arzneimittel erfordern eine ärztliche Verschreibung
Medizinisch geprüft durch
unser internes Medical Team

Letzte Änderung:

19.7.2024

Das Wichtigste in Kürze
  • Die Übernahme der Kosten für medizinisches Cannabis durch die gesetzliche Krankenkasse ist möglich, es muss aber ein Cannabis-Antrag gestellt werden.
  • Ärztinnen und Ärzte können Dir Cannabis auch als Rezept für Privatzahler ausstellen, das entweder von der privaten Krankenkasse übernommen oder selbst bezahlt wird.
  • Verordnungen von medizinischem Cannabis auf Rezept sind seit dem 1. April 2024 auch per E-Rezept möglich.

Wer verordnet medizinisches Cannabis auf Rezept?

Liegt eine schwerwiegende Erkrankung vor, dürfen alle Ärztinnen und Ärzte in Deutschland Cannabis per Rezept verordnen. Es existieren Studien dazu, dass Cannabis unter anderem bei starker Übelkeit, chronischen Schmerzen, Spastiken und Muskelkrämpfen unterstützend eingesetzt werden kann.

Seit dem 1. April 2024 ist die Verschreibung von Cannabis ohne Betäubungsmittelrezept (BTM-Rezept) möglich, da seit diesem Datum die Teil-Legalisierung von Cannabis in Kraft getreten ist. Ein BTM-Rezept ist nur für starke Medikamente erforderlich, die im Rahmen der Betäubungsmittelverordnung reguliert sind.

Ein medizinisches Cannabis-Rezept wird nur dann ausgestellt, wenn keine medizinisch anerkannte Leistung zur Verfügung steht oder angewendet werden kann. Vereinfacht gesagt ist die Verordnung nur möglich, wenn medizinische Therapiemaßnahmen keine Wirkung gezeigt haben. Deine Ärztin oder Dein Arzt wägen individuell ab und berücksichtigen dabei die potenziell auftretenden Nebenwirkungen von medizinischem Cannabis.

Eine Cannabis-Verschreibung funktioniert in drei Schritten:

  • Deine Ärztin oder Dein Arzt sind der Meinung, dass die Indikation für ein medizinisches Cannabis-Rezept gegeben ist.
  • Du stellst gemeinsam mit dem behandelnden Arzt / der behandelnden Ärztin einen Antrag bei Deiner Krankenkasse. Darin sollte deutlich werden, warum Cannabis in Deinem Krankheitsfall helfen kann.

Deine Krankenkasse erteilt entweder eine Genehmigung oder eine Absage, was sich aber nur auf die Kostenübernahme bezieht. Dein Privatrezept kannst Du auch selbst bezahlen.

Antrag abgelehnt?

Wurde der Antrag durch Deine Krankenkasse abgelehnt, kannst Du Widerspruch einlegen. Überarbeite Deinen Antrag noch einmal gründlich und lege Dein Veto innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Ablehnung ein.

Mit diesen Symptomen Cannabis-Patient werden

Damit Du medizinisches Cannabis beantragen kannst, sieht das Gesetz drei Grundvoraussetzungen vor.

1. Deine Erkrankung wird als schwerwiegend eingestuft.

2. Es gibt keine anerkannte Leistung bzw. Therapie, die anstelle von Cannabis zum Einsatz kommen kann.

3. Cannabinoide haben das Potenzial, Dir zu helfen, bzw. die Aussicht darauf liegt nicht ganz weit entfernt.

Als schwerwiegend werden Erkrankungen eingestuft, wenn sie Dein Leben bedrohen oder sie bedingt durch die Schwere und Symptome Deine Lebensqualität beeinflussen. Deine Ärztin oder Dein Arzt wägen Deine Anzeichen und den prognostizierten Verlauf individuell ab, bevor der Cannabis-Antrag bei der Krankenkasse gestellt wird.

Die Verschreibung durch Deine Ärztin / Deinen Arzt und die Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse, sind jedoch zwei unterschiedliche Vorgänge. Auch ohne die Bereitschaft Deiner Krankenkasse, die Kosten zu übernehmen, kannst Du medizinisches Cannabis als Privatzahler kaufen.

Bei den nachfolgend genannten Erkrankungen wurde die Wirkung von Cannabis bereits erforscht, sodass die Verschreibung möglich sein kann:

  • Nebenwirkungen bei Chemotherapien wie Übelkeit oder starkes Erbrechen.
  • Anregung des Appetits, um krankheitsbedingtem Gewichtsverlust vorzubeugen, teilweise auch bei Krebserkrankungen oder Aids.
  • Muskuläre Krämpfe und Spastiken bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose.
  • Langfristig bestehende Schmerzen im Rahmen chronischer Erkrankungen oder Schmerzzustände.

Abschließende Studien stehen auch Stand 2024 noch aus, erste Hinweise lassen aber auf die Wirksamkeit schließen. Um Cannabis von der Ärztin oder dem Arzt verschreiben zu lassen, ist stets eine individuelle Beurteilung Deiner Situation erforderlich.

Medizinisches Cannabis verschreiben lassen – was ist die ärztliche Begleiterhebung?
 

Wird eine Cannabis-Therapie verordnet und bewilligt, müssen Du und Dein Arzt / Deine Ärztin ein Jahr nach der Genehmigung einer Begleiterhebung zustimmen. Diese Daten werden anonymisiert übermittelt und dienen dazu, den Erfolg Deiner Behandlung zu dokumentieren. Mit Deiner Zustimmung unterstützt Du andere Patienten und Patientinnen dabei, die Wirksamkeit von Cannabis zu belegen.

Das Dokument wird gemeinsam mit Deiner Ärztin / Deinem Arzt erstellt und enthält Angaben zu Deinem Alter, Deinem Geschlecht, der gestellten Diagnose und dem Ablauf Deiner Erkrankung bzw. Deiner Symptome. Darüber hinaus sind Angaben nötig, welche Vortherapien durchgeführt wurden und warum sie beendet wurden.

Zusätzlich wird angegeben, wie lange die Cannabisbehandlung dauerte, welche Arzneien Du zusätzlich einnimmst und welche Auswirkungen das Cannabis auf Deine Beschwerden hatte. Hier bist Du gefragt und auch gefordert, positive Effekte und Nebenwirkungen zu notieren.

Solltest Du die Cannabis-Therapie vorzeitig beenden, gibst Du im Rahmen der Begleiterhebung die Gründe hierfür an. Dokumentiert wird schließlich die Entwicklung Deiner Lebensqualität, nachdem Deine Ärztin oder Dein Arzt Dir Cannabis verschrieben haben.

Cannabis-Anwendungsmöglichkeiten nach der Verordnung

Wie Du das verschriebene medizinische Cannabis-Präparat anwendest, hängt vom verordneten Produkt ab. Cannabis-Blüten können inhaliert werden (z. B. mit einem Vaporizer), alternativ dazu kannst Du sie als Tee konsumieren. Die Wirkung wird immer dann erreicht, wenn die inaktiven Säuren von THC und CBD beim Erhitzungsprozess decarboxyliert werden. Dann steht Dir die pharmakologisch wirksame Form zur Verfügung.

Eine weitere sinnvolle medizinische Darreichungsform ist Cannabis-Extrakt. Dieses wird normalerweise oral in Tropfenform eingenommen. Entweder wird es geschluckt oder bereits über die Mundschleimhaut resorbiert. Dadurch ist eine schnellere Wirkung und präzisere Dosierung möglich.

Das Rauchen von Cannabisprodukten zusammen mit Tabak ist nicht empfehlenswert. Hierbei entstehen Verbrennungsprodukte, die bei Verwendung eines Vaporizers umgangen werden können. Aus ärztlicher Sicht wird zudem das Backen von Cannabis-Keksen nicht empfohlen, da Du hier keine genaue Dosierung einhalten kannst. 

Ein weiteres Problem: Im offiziellen Hilfsmittelverzeichnis ist beispielsweise Tabak nicht verzeichnet, sodass Du einen zusätzlichen Einzelfallantrag bei Deiner Krankenkasse stellen musst. Das Problem hast Du zwar nicht, wenn Du ohnehin ein Privatrezept bezogen hast, aber die Schwierigkeiten bei der Dosierung bleiben bestehen.

Das Cannabis-Rezept ist da – wie geht es jetzt weiter?

Wurde Dein Antrag von der Krankenkasse bewilligt, stellt Deine Ärztin oder Dein Arzt das Rezept für Cannabis aus. Seit dem 1. April 2024 reicht hierfür eine einfache Verordnung per E-Rezept aus. Dieses Rezept wird auf Deiner Gesundheitskarte gespeichert und kann von Dir in jeder Apotheke eingelöst werden.

Doch selbst wenn Deine Krankenkasse die Bewilligung von Cannabis ablehnt, kannst Du immer noch ein Privatrezept anfordern und die Kosten selbst übernehmen. Wende Dich an einen Arzt oder eine Ärztin Deines Vertrauens, der oder die sich mit der Verschreibung von medizinischem Cannabis auskennt.

Niedergelassene Apotheken haben oft nicht alle Cannabis-Sorten vorrätig und müssen diese für Dich bestellen. Alternativ zur lokalen Apotheke vor Ort besteht die Möglichkeit, Dein Cannabis-Rezept online einzulösen. Im Internet findest Du spezialisierte Cannabis-Apotheken, die das verordnete Präparat für Dich bereitstellen und per Post an Dich versenden.

Spezialisierte Cannabis-Apotheken haben den Vorteil, dass sie auf dem Gebiet Erfahrungen mitbringen. Achte auf eine Zertifizierung nach ISO-Norm 9001:2015 für die „Betreuung und Versorgung von Cannabis-Patienten“.

Cannabis-Rezept bekommen – wer trägt die Kosten?

Voraussetzung für die Kostenübernahme des medizinischen Cannabis durch die gesetzliche Krankenkasse ist die Bewilligung des Antrags. Die gesetzliche Rezeptgebühr wird von Dir getragen, sie beträgt zwischen 5,00 € und 10,00 €. Bist Du von Zuzahlungen befreit, erhältst Du Dein Cannabis auf Rezept ohne zusätzliche Kosten.

Bist Du in der privaten Krankenversicherung (PKV), verordnen Deine Ärztin oder Dein Arzt Cannabis auf Privatrezept. Du zahlst in diesem Fall die Gebühren für die medizinische Untersuchung, die Verordnung und das Cannabisprodukt selbst. Ob und wie viel Deine PKV übernimmt, hängt von Deiner Versicherung und Deinem Vertrag ab.

Auch als Person, die nicht in der PKV versichert ist, kannst Du selbstverständlich Cannabis auf Rezept erhalten und ebenfalls selbst bezahlen. Es erscheint denkbar, dass es in Zukunft private Zusatzversicherungen geben könnte, die auf die Verordnung von medizinischem Cannabis spezialisiert sind.

Zusammenfassung

Leidest Du unter chronischen Schmerzen oder schwer therapierbaren Erkrankungen, kannst Du ein Cannabis-Rezept beantragen. Ob die Krankenkasse ihre Genehmigung erteilt, hängt vom individuellen Fall ab. Du kannst aber in jedem Fall immer ein Privatrezept für Selbstzahler beantragen, für dessen Kosten Du selbst aufkommst. Suche Dir eine auf Cannabis-Behandlungen spezialisierte Arztpraxis, um die besten Chancen zu haben.

Häufige Fragen

Sofern Deine Ärztin oder Dein Arzt mit Dir zusammen einen Antrag bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stellt und dieser bewilligt wird, übernimmt die Krankenversicherung die Kosten. Private Krankenversicherungen (PKV) können auch die Kosten für Cannabis-Rezepte übernehmen, wobei auch hier ein Antrag gestellt werden muss und die Kostenübernahme vom einzelnen Vertrag abhängt.

Du kannst einerseits der Ablehnung innerhalb einer Frist von 4 Wochen widersprechen. Andererseits kannst Du ein Privatrezept auf Selbstzahlerbasis für medizinisches Cannabis beantragen.

Wird Cannabis als Medikament verschrieben, sind Dronabinol, Nabiximols und Nabilon gängige Präparate. Bei der Verordnung von Cannabis-Blüten ist entscheidend, dass die Sorte im EU-Sortenkatalog verzeichnet ist.

Um Cannabis auf Rezept zu erhalten, müssen Deine Symptome schwerwiegend sein, wenn Du auf Kostenübernahme durch Deine Krankenkasse hoffst. Am häufigsten wird Cannabis bei chronischen Schmerzen, Nebenwirkungen von Chemotherapien, Appetitlosigkeit oder starker Gewichtsabnahme verordnet. Doch auch bei weniger lebensbedrohlichen Krankheiten (z. B. Restless-Leg-Syndrom oder Migräne) ist die Verschreibung von Cannabis möglich.

Ja, es gibt Netzwerke von Ärztinnen und Ärzten, die sich auf die Verordnung von Cannabis spezialisiert haben. Sie haben viel Erfahrung in Bezug auf den therapeutischen Nutzen gesammelt und können Dir bei der Antragstellung helfen.

Als gesetzlich versicherte Person trägst Du bei genehmigter Kostenübernahme lediglich die Kosten für die Rezeptgebühr. Das Cannabis wird von der Krankenkasse bezahlt. Bist Du privat versichert, hängt die Höhe der Kosten vom verordneten Produkt ab. Es ist jedoch weder in der GKV noch in der PKV möglich, eine pauschale Aussage zur Kostenübernahme zu treffen. Allerdings ist es immer möglich, Cannabis per Privatrezept zu beantragen und selbst zu bezahlen.

Dein Cannabis-Rezept kannst Du in einer Apotheke vor Ort oder in spezialisierten Online-Apotheken einlösen.

Quellenangaben

1. Arzt, D. N. (o. J.). 9 Fragen und Antworten zu Cannabis. Der niedergelassene Arzt. Abgerufen 20. Juni 2024, von https://www.der-niedergelassene-arzt.de/medizin/kategorie/allgemein-innere-medizin/9-fragen-und-antworten-zu-cannabis

2. Mitglieder. (o. J.). vca-deutschland.de. Abgerufen 20. Juni 2024, von https://vca-deutschland.de/mitglieder

3. Verordnung von medizinischem Cannabis. (o. J.). md-bayern.de. Abgerufen 20. Juni 2024, von https://www.md-bayern.de/unserethemen/cannabinoide